Altersvorsorge

Gender Pension Gap: Warum Frauen im Alter weniger bekommen

Der Gender Pension Gap – ein oft übersehenes, aber tiefgreifendes Problem. Erfahren Sie in diesem Beitrag, warum Frauen im Alter deutlich weniger Rente erhalten als Männer, welche Ursachen dahinterstecken und wie individuelle und politische Maßnahmen diese Ungleichheit verringern könnten.

von Alena Restuccia-Maurer
11. September 2024
Frau mittleren Alters in nachdenklicher Pose vor einem Laptop

Was ist der Gender Pension Gap?

Der Gender Pension Gap bezeichnet die Differenz in der durchschnittlichen Rentenhöhe zwischen Männern und Frauen. Während der Gender Pay Gap die Einkommensunterschiede während des Erwerbslebens misst, reflektiert der Gender Pension Gap die langfristigen Auswirkungen dieser Ungleichheiten auf die finanzielle Situation im Alter. Dieser Unterschied ist nicht nur ein statistischer Wert, sondern hat direkte Auswirkungen auf die Lebensqualität von Frauen im Ruhestand. 

Die Relevanz des Themas ist sowohl gesellschaftlich als auch politisch hoch. Eine geringere Rente erhöht das Risiko von Altersarmut bei Frauen und kann ihre finanzielle Unabhängigkeit beeinträchtigen. Zudem belastet es soziale Sicherungssysteme und kann zu erhöhten staatlichen Ausgaben führen. Das Schließen der Rentenlücke ist daher nicht nur eine Frage der Geschlechtergerechtigkeit, sondern auch von wirtschaftlicher Bedeutung für die Gesellschaft insgesamt. 

Aktuelle Statistiken verdeutlichen das Ausmaß des Problems:  

Laut einer Studie des statistischen Bundesamts (Destatis) lag der Gender Pension Gap im Jahr 2023 bei 27,1 % (bei Frauen mit Hinterbliebenenrenten oder -pensionen) beziehungsweise bei 39,4 % (bei Frauen ohne Hinterbliebenenrenten oder -pensionen).  

Statistik Gender Pension Gap 2023
Statistik Gender Pension Gap 2023

Das bedeutet, dass Frauen in Deutschland im Durchschnitt rund ein Drittel weniger Rente erhalten als Männer.

Was sind Ursachen des Gender Pension Gaps?

Die Ursachen für den Gender Renten Gap sind vielfältig und beginnen bereits im Erwerbsleben. Sie resultieren aus strukturellen Ungleichheiten, gesellschaftlichen Rollenbildern und individuellen Entscheidungen, die durch äußere Faktoren beeinflusst werden.

1. Der Gender Pay Gap: Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen

Eine der Hauptursachen für den Gender Pension Gap liegt im Gender Pay Gap. Frauen verdienen im Durchschnitt weniger als Männer, was sich direkt auf ihre Rentenansprüche auswirkt. Niedrigere Löhne bedeuten geringere Beiträge zur Rentenversicherung und somit niedrigere Renten im Alter. Dieser Einkommensunterschied zieht sich oft durch das gesamte Erwerbsleben und kumuliert zu einer erheblichen Rentenlücke. Dieser Einkommensunterschied entsteht durch verschiedene Faktoren:

  • Berufswahl: Frauen sind häufiger in Berufen tätig, die schlechter bezahlt werden.
  • Karrierechancen: Frauen stoßen öfter auf eine „gläserne Decke“ und erreichen seltener Führungspositionen.
  • Diskriminierung: Unbewusste Vorurteile und bewusste Diskriminierung können zu ungerechtfertigten Gehaltsunterschieden führen.

2. Unterbrechungen in der Arbeitszeit

Frauen unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit häufiger als Männer, meist aus familiären Gründen wie Mutterschaft, Elternzeit oder der Pflege von Angehörigen. Diese Unterbrechungen führen zu Lücken in der Rentenversicherung und verringern die Anzahl der Beitragsjahre. Zudem kehren viele Frauen nach solchen Phasen in Teilzeitbeschäftigungen zurück, was ihr Einkommen und damit auch ihre Rentenansprüche weiter reduziert. 

Traditionelle Rollenbilder tragen dazu bei, dass Frauen öfter die Hauptverantwortung für familiäre Aufgaben übernehmen, was ihre berufliche Entwicklung und damit ihre Rentenansprüche negativ beeinflusst.

3. Teilzeitarbeit und Minijobs

In Deutschland arbeiten viele Frauen in Teilzeit oder in Minijobs. Gründe dafür sind häufig die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder mangelnde Betreuungsmöglichkeiten für Kinder. Teilzeitstellen sind jedoch oft schlechter bezahlt und bieten weniger Aufstiegschancen. Zudem führen sie zu geringeren Beiträgen in die Rentenversicherung, was die späteren Rentenansprüche schmälert. 

Minijobs sind zudem nur begrenzt sozialversicherungspflichtig, was bedeutet, dass die Rentenansprüche aus diesen Beschäftigungsverhältnissen minimal sind. Die Entscheidung (oder Notwendigkeit), in solchen Beschäftigungsformen zu arbeiten, trägt somit wesentlich zum Gender Pension Gap bei.

4. Mangelnde Altersvorsorge

Neben der gesetzlichen Rente spielen betriebliche und private Altersvorsorge eine wichtige Rolle für die finanzielle Absicherung im Alter. Frauen haben jedoch oft weniger Zugang zu diesen Vorsorgeformen:

  • Betriebliche Altersvorsorge: Da Frauen seltener in Führungspositionen oder in Unternehmen arbeiten, die großzügige betriebliche Rentenpläne anbieten, profitieren sie weniger von dieser Vorsorge.
  • Private Vorsorge: Durch das geringere Einkommen haben Frauen weniger finanzielle Mittel, um in private Rentenprodukte zu investieren. Zudem fehlt oft das Bewusstsein oder das Wissen über die Notwendigkeit und Möglichkeiten der privaten Altersvorsorge.

Diese Ungleichheiten verstärken den Rentenunterschied weiter und führen dazu, dass Frauen im Alter finanziell schlechter gestellt sind als Männer.

Welche Auswirkungen hat der Gender Pension Gap?

Der Gender Pension Gap hat weitreichende Konsequenzen, die das Leben von Frauen im Alter tiefgreifend beeinflussen. Diese finanziellen Ungleichheiten betreffen nicht nur die individuelle Lebensqualität, sondern wirken sich auch auf die Gesellschaft insgesamt aus. Im Folgenden werden die wichtigsten Auswirkungen erläutert.

Finanzielle Unsicherheit im Alter

Eine der gravierendsten Folgen des Gender Pension Gaps ist die finanzielle Unsicherheit, der viele Frauen im Alter ausgesetzt sind. Da sie im Durchschnitt deutlich weniger Rente als Männer erhalten, steigt ihr Risiko, im Alter in Armut zu leben. Besonders betroffen sind Frauen, die aufgrund von langen Familienphasen oder niedrigen Einkommen nur geringe Rentenansprüche erwerben konnten. 

Die finanziellen Mittel, die Frauen im Ruhestand zur Verfügung stehen, sind oft nicht ausreichend, um den Lebensstandard aufrechtzuerhalten, den sie während ihrer Erwerbsphase gewohnt waren. Dies führt dazu, dass Frauen häufiger auf staatliche Unterstützung oder Familienangehörige angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Diese Abhängigkeit verstärkt das Gefühl von Unsicherheit und kann die Autonomie der Betroffenen im Alter erheblich einschränken. 

Auch die Lebenserwartung spielt eine Rolle: Frauen leben im Durchschnitt länger als Männer und sind daher auf eine stabilere finanzielle Grundlage angewiesen, um die längere Rentenbezugszeit zu überbrücken.

Soziale und psychologische Folgen

Der Gender Pension Gap hat nicht nur finanzielle, sondern auch soziale und psychologische Auswirkungen. Frauen, die im Alter mit geringen finanziellen Mitteln auskommen müssen, sind oft von sozialer Ausgrenzung bedroht. Sie haben möglicherweise nicht die Ressourcen, um aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, sei es durch Reisen, kulturelle Aktivitäten oder die Pflege ihrer sozialen Kontakte. Dies kann zu Isolation und Einsamkeit führen. 

Darüber hinaus kann die finanzielle Abhängigkeit von Partnern oder Kindern das Selbstwertgefühl und die Lebenszufriedenheit negativ beeinflussen. Frauen, die ihr ganzes Leben gearbeitet und für ihre Familien gesorgt haben, empfinden es oft als unfair, dass sie im Ruhestand nicht die gleiche finanzielle Sicherheit genießen wie Männer. Diese Ungerechtigkeit kann zu Frustration und Stress im Alter führen, was wiederum die mentale und physische Gesundheit belastet. 

In Partnerschaften kann der Gender Pension Gap ebenfalls zu Spannungen führen, insbesondere wenn der Einkommensunterschied zu einer unausgeglichenen Machtverteilung innerhalb der Beziehung führt. Frauen, die auf das Einkommen ihres Partners angewiesen sind, könnten weniger Entscheidungsmacht haben oder sich in einer finanziell verletzlichen Position wiederfinden.

Gesellschaftliche Auswirkungen

Neben den individuellen Konsequenzen hat der Gender Pension Gap auch gesellschaftliche Auswirkungen: Die hohe Zahl von Frauen, die im Alter von Armut bedroht sind, stellt eine Belastung für den Sozialstaat dar. Wenn Frauen aufgrund niedriger Renten auf Grundsicherung im Alter angewiesen sind, stellt dies eine zusätzliche finanzielle Belastung für das Sozialsystem dar. 

Ein weiterer gesellschaftlicher Effekt ist die mangelnde Gleichberechtigung im Alter. Die Rentenlücke verdeutlicht, dass Frauen auch im Ruhestand strukturell benachteiligt sind. Dies widerspricht den Prinzipien der Geschlechtergerechtigkeit, die viele Gesellschaften anstreben. Um diesen Missstand zu beseitigen, sind nicht nur Reformen im Rentensystem notwendig, sondern auch tiefgreifende Veränderungen im Arbeitsmarkt und in der Familienpolitik. 

Darüber hinaus können die finanziellen Schwierigkeiten älterer Frauen auch mehrgenerationale Auswirkungen haben. Wenn Frauen im Ruhestand finanziell nicht abgesichert sind, könnten sie vermehrt auf die Unterstützung ihrer Kinder oder anderer Familienmitglieder angewiesen sein. Dies könnte wiederum die finanzielle Situation der nachfolgenden Generationen beeinträchtigen und den wirtschaftlichen Druck auf Familien erhöhen. 

Zusammengefasst hat der Gender Pension Gap nicht nur für die betroffenen Frauen schwerwiegende Konsequenzen, sondern stellt auch eine gesellschaftliche Herausforderung dar. Er führt zu einem Ungleichgewicht in der Altersvorsorge, erhöht das Risiko von Altersarmut und verstärkt soziale Ungerechtigkeiten.

Welche Lösungsansätze gibt es?

Um den Gender Pension Gap zu schließen, bedarf es umfassender Maßnahmen, die sowohl strukturelle Veränderungen als auch individuelle Förderung beinhalten.  

Gesetzliche Maßnahmen zur Gleichstellung

Eine stärkere Entgelttransparenz kann dazu beitragen, den Gender Pay Gap zu verringern, was langfristig auch die Rentenansprüche von Frauen erhöht. Zudem könnte eine gesetzliche Anerkennung von Erziehungs- und Pflegezeiten noch weiter ausgebaut werden, um Frauen, die diese Aufgaben übernehmen, im Rentensystem besser abzusichern.

Reform der Rentenversicherung

Die Rentenversicherung sollte so reformiert werden, dass Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäftigungen nicht automatisch zu niedrigen Renten führen. Ein Ansatz könnte eine Höherbewertung von Niedriglöhnen sein, um Rentenansprüche für Geringverdienerinnen und Geringverdiener zu verbessern. Auch das Splitting von Rentenansprüchen in Partnerschaften, ähnlich wie beim Ehegattensplitting, könnte ein Ansatz sein.

Förderung der betrieblichen und privaten Altersvorsorge

Frauen sollten vermehrt Zugang zu betrieblichen Altersvorsorgemodellen erhalten, besonders in Branchen, in denen sie stark vertreten sind. Zusätzlich könnten staatliche Anreize geschaffen werden, die Frauen ermutigen, in private Altersvorsorgeprodukte zu investieren, beispielsweise durch spezielle Förderprogramme oder Steuererleichterungen.

Veränderung der gesellschaftlichen Rollenbilder

Ein langfristiger Ansatz liegt in der Gleichverteilung von Erziehungs- und Pflegearbeit. Durch mehr Familienfreundlichkeit in der Arbeitswelt, etwa durch flexible Arbeitszeiten oder eine Förderung von Männern in Elternzeit, könnte die ungleiche Last der Care-Arbeit reduziert werden, was sich positiv auf die Erwerbsbiografien von Frauen und somit auf ihre Rente auswirkt.

Wie können Frauen selbst vorsorgen?

Neben politischen und strukturellen Maßnahmen gibt es auch individuelle Strategien, die Frauen ergreifen können, um den Gender Renten Gap zu verringern und ihre Altersvorsorge zu verbessern. 

Neben politischen Lösungen ist es für Frauen wichtig, selbst aktiv zu werden, um ihre Altersvorsorge zu verbessern. Frühzeitige private Vorsorge, etwa durch Rentenversicherungen, Sparpläne oder Investitionen in Fonds, kann langfristig helfen, finanzielle Lücken im Alter zu schließen. Besonders Frauen, die in Teilzeit arbeiten oder Familienpausen einlegen, sollten sich über die Auswirkungen auf ihre Rente informieren und gegebenenfalls weiter in die Rentenversicherung einzahlen. 

Finanzielle Bildung ist dabei zentral. Es gibt zahlreiche Beratungsstellen, die speziell Frauen bei der Rentenplanung unterstützen und helfen können, die besten Vorsorgemöglichkeiten zu finden. Regelmäßige Rentenüberprüfungen und individuelle Finanzplanung sorgen für einen besseren Überblick und ermöglichen rechtzeitige Anpassungen, um Altersarmut vorzubeugen.

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